Design Thinking ein Hype?

Kunde Telekom

Ist Design Thinking ein Hype? Wie bewährt sich der Ansatz in der Praxis?

„you and me“, das Magazin für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Telekom, fragt bei Simon Blake nach

Ausgabe: September 2016

Einige unserer Leser halten die Methode Design Thinking bloß für die sprichwörtliche nächste Sau, die durchs Dorf gejagt wird. Was sagen Sie dazu?

Design Thinking ist mehr als eine Methode, es ist eine neue Haltung, eine andere Art und Weise, wie man an die Entwicklung von Produkten, aber auch Prozessen, herangeht. Es ist ein nutzerorientierter, interdisziplinärer Ansatz, bei dem man iterativ, also in vielen Schleifen zum Erfolg kommt.

Warum wird dieser Ansatz gerade so gehypt?

Die Welt verändert sich rasant, sie wird komplexer, keiner weiß, was als nächstes kommt: Da taucht über Nacht plötzlich ein neues Unternehmen wie der Mitfahrservice Uber oder die Reise-Plattform AirBnB auf. Es stellt das komplette Geschäftsmodell einer Branche auf den Kopf –  und dann schreiben die Newcomer den etablierten Firmen auch noch die Spielregeln vor – so wie damals Apple mit iPod und iTunes der Musikbranche. Als Manager stellen Sie sich dann die Frage: Warum sind die im Silicon Valley innovativer und erfolgreicher als wir?

Was machen die denn anders?

Start-ups arbeiten kreativer und agiler. Klassische Unternehmen planen dagegen alles durch, man entwickelt nach dem Wasserfall-Prinzip, mit festen Meilensteine und starren Zielen, um am Ende eines kosten- und zeitintensiven Entwicklungsprozesses festzustellen: „Das ist doch nicht das Richtige“. Beim Design Thinking arbeitet man wie die Start-ups, man geht schrittweise vor, kann Fehler machen, umdenken, Ideen verwerfen. Man holt sich die unterschiedlichsten Gewerke zusammen – vom Ingenieur bis zum Soziologen – und vernetzt diese Perspektiven, um die Komplexität eines Vorhabens zu durchdringen und eine Lösung zu finden.

Die Kundenbrille aufsetzen ist ein weiteres Prinzip. Ist das nicht banal?

Ja. Das sagt einem der gesunde Menschenverstand. Aber in größeren Organisationen ist das gar nicht so banal. Konzerne arbeiten arbeitsteilig, in linearen Strukturen mit fest definierten Prozessen. Dort gibt es eine enorme Distanz zwischen Management und Kunde und der eine Kollege weiß schon nicht mehr, was der andere macht, geschweige denn, was der Nutzer will.

Warum scheitern manche Projekte trotzt Design Thinking?

Man muss die Methoden üben. Oft funktioniert im Team auch alles super, doch dann blockt jemand von außen, ein Controller oder jemand, der das Budget freigibt. Design Thinking muss mit einem Kulturwandel einhergehen, der alle Disziplinen erfasst!

Ist Design Thinking immer der richtige Weg?

Der Ansatz spielt seine Stärken bei komplexen Themen aus, wo ich weder Lösung noch Lösungsweg kenne. Wenn ich schon weiß, was ich tun muss, um zu einem gewünschten Ergebnis zu kommen, geht es auch ohne.

 

Wer macht’s?

In Deutschland ist die Firmensoftware-Schmiede SAP Vorreiter. Mitbegründer Hasso Plattner fördert Design Thinking seit Jahren an der d.School der Stanford University und an der School of Design Thinking in Potsdam. Wichtige Produkte von SAP wurden mit dem neuen Ansatz entwickelt, wie die Datenbank HANA. Inzwischen setzen zahlreiche Firmen und Organisationen auf Design Thinking, von der Swisscom bis zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.

Wenn Manager Lego spielen

Spielzeug gehört zur Basisausrüstung beim Design Thinking. Man kann damit wunderbar Ideen visualisieren oder einen schicken Prototyp bauen. Aber ist es tatsächlich praxistauglich, wenn nüchterne Manager in grauen Anzügen auf einmal mit Legobausteinen hantieren sollen? Oder ist das genauso aussichtlos, wie einen knorrigen Niedersachsen zu zum Karnevalsjecken zu machen? Keineswegs! Simon Balke und seine Kollegen von den Launchlabs haben es vorgemacht. Und das in Japan, einem Land, in dem Hierarchien noch stärker gelebt werden als hier. Jedes Mal, wenn der IT-Leiter im Design-Thinking-Workshop bei einem Großkonzern seinen Kommentar abgab, nickte die zweite Garde der Manager die nur pflichtschuldig. Eigene Impulse? Fehlanzeige. Doch dann kam Lego ins Spiel, plötzlich fingen alle an fleißig rumzubasteln. Die Hierarchie war durchbrochen!

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