Doing the right things and doing things right. Planet-centered Design Thinking.

Doing the right things and doing things right. Planet-centered Design Thinking.

von Fabian Grauel & Laura Chiesa, Innovationsberater*in und Coach bei der launchlabs GmbH, Berlin

Es ist die Zeit der Innovationskultur und der Transformationen. Ein wichtiger Teil dieser Transformationen ist immer wieder das Stichwort “nutzerzentriert”. Ein wesentlicher Grund dafür ist der Vormarsch von Innovationsmethoden wie Design Thinking. Diese spielen heute eine wichtige Rolle und verbreiten sich rasant in breiten Teilen der Wirtschaft, sowie NGOs und sogar in der öffentlichen Verwaltung (siehe Tech4Germany).

Zum einen hat sich Design Thinking bei der Ideenfindung und in der Entwicklung von erfolgreichen neuen Produkten und Dienstleistungen bewiesen. Zum anderen nutzen auch viele etablierte Unternehmen und Institutionen die Methode, um Intrapreneurship und Innovationsgeist zu fördern.  

Es ist aber auch die Zeit von gesellschaftlichem Wandel, von klimatischem Wandel und damit von globalen Herausforderungen, die unsere gesunde und friedliche Zukunft auf der Erde gefährden. In weiten Teilen der Gesellschaft und auch bei unseren Kund*innen wächst deshalb zunehmend das Interesse an ökologisch und sozial nachhaltiger Innovation – und damit auch an Innovationsmethoden wie Design Thinking und deren Anwendung im Bereich der Nachhaltigkeit. Deshalb möchten wir einen genaueren Blick auf Design Thinking werfen und herausfinden, was das Konzept mit unserem Wunsch nach nachhaltiger, sinnstiftender Innovation gemeinsam hat.

Ein kurzer Design Thinking Rückblick

Die Design Thinking Reise beginnt offiziell Ende des 20. Jahrhunderts, als der Professor David Kelley an der Stanford University die d.school ins Leben ruft. Inspiriert von der Interdisziplinarität der deutschen Bauhaus Bewegung in den 1920er Jahren wird in Stanford eine Methode entwickelt, die es Projektmitarbeitenden aus verschiedensten Disziplinen erlaubt, gemeinsam an komplexen Fragestellungen zu arbeiten. Dabei erfolgt die Zusammenarbeit projektbasiert in gemischten Teams, die sich nicht nur aus Expert*innen zusammensetzen, sondern auch die Nutzer*innen ganz explizit in die Entwicklung mit einbeziehen.

Design Thinking ist eine Innovationsmethode und Denkschule zugleich, die Kreativität und Interdisziplinarität fördert. Sie sieht Innovation als Schnittmenge zwischen der Machbarkeit (technisch), der Attraktivität für Nutzer*innen (User Experience), und der Realisierbarkeit (wirtschaftlich).

 

 

Als der deutsche SAP Mitgründer Hasso Plattner von dieser Entwicklung hörte, unterstützte er die d.school zunächst finanziell, um dann 2007 auch in Berlin, am Hasso Plattner Institut, einen eigene Dependance zu eröffnen. Seitdem hat das Thema in Deutschland und Europa viel Beachtung erfahren – fast jede größere Beratung und viele große Unternehmen haben mittlerweile Design Thinking Expert*innen an Bord. Häufig wird die Methode verwendet, um in kooperativen Workshopformaten und Entwicklungssprints digitale Produkte zu entwickeln, oder bestehende Produkte besser an Kundenbedürfnisse anzupassen. Aber jetzt mal im Ernst – was hat das Ganze mit Nachhaltigkeit zu tun? 

Design Thinking trifft auf Nachhaltigkeit

Hasso Plattner sagt über Design Thinking: „Beim Design Thinking geht es darum, Probleme an ihrer Wurzel zu packen, statt nur einige der Symptome zu behandeln.“ Es geht darum Probleme ganzheitlich zu betrachten und im Gesamtkontext zu lösen – also Knochenbrüche zu heilen, statt Pflaster darauf zu kleben. Genau hier liegt die Verknüpfung zu den Sustainable Development Goals (SDGs), der Circular Economy, ökologischer Nachhaltigkeit, Planetary Boundaries, etc. Darum haben wir die Bedeutung der drei Grundpfeiler des Design Thinkings genauer unter die Lupe genommen und mit Blick auf das 21. Jahrhundert ergänzt.

Wenn wir heutzutage von Attraktivität, technischer Machbarkeit und finanzieller Realisierbarkeit sprechen, können wir nicht außer Acht lassen:

  • dass sich Nutzer*innen immer nachhaltiger orientieren,
  • unsere Innovationen von morgen mit Produktionsprozessen von heute nicht mit unseren begrenzten planetaren Ressourcen machbar – und mit Blick auf eine lebenswerte Zukunft auf der Erde – auch nicht vertretbar sind
  • und dass es neue, innovative Geschäftsmodelle gibt, die denjenigen große Chancen bieten, die bereit sind sich auf diese Reise zu begeben.

Attraktiv, weil nachhaltig (und mit Sinn)

Wir sehen im Bereich der Attraktivität für Nutzer*innen große Veränderungen, denn gerade dort spielen ihre Präferenzen eine große Rolle. Aufgrund vieler Alternativen sind sie weniger bereit, eine schlechte Nutzer*innenerfahrung zu akzeptieren. Nach den schockierenden Skandalen in den letzten Jahren, wie zum Beispiel dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh, bei dem viele Arbeiter*innen auf Kosten des Fast-Fashion-Konsums ums Leben kamen, oder der Kinderarbeit in afrikanischen Cobaltminen, die unsere Smartphones ermöglichen – sind bei vielen Nutzer*innen auch die Erwartungen an Unternehmen gestiegen, sich ernsthaft mit ihren Geschäftspraktiken und deren Auswirkungen auseinander zu setzen. Dazu gehören Bilder von weltweiten Katastrophen im sozialen, aber auch ökologischen Bereich, wie dem enormen “Great Pacific Garbage Patch” einer wachsenden, schwimmende Müllinsel im Atlantik, die über 2 Millionen km2 groß ist (Deutschland zum Vergleich misst gerade einmal 350.000 km2). 

Die Aufmerksamkeit von Kund*innen und Medien liegt immer mehr auf Nachhaltigkeit, der Frage nach sinnvollem Wachstum und dem Purpose von Unternehmen. Auch der Markt insgesamt verändert sich, da sich die neuen Erwartungen der Kund*innen häufig auch in neuem, oder erstarktem Wettbewerb ausdrücken.

Die Klimakrise als Potenzial für Innovation

Diesen erhöhten Druck sehen wir auch im Bereich der Realisierbarkeit. Wenn wir evaluieren, ob eine Idee realisierbar – im Sinne von “wirtschaftlich tragfähig” – ist, müssen wir dafür sorgen, dass wir zukunftsfähige Geschäftsmodelle aufstellen. 

Es braucht Geschäftsmodelle, die den wachsenden sozialen und ökologischen Erwartungen mindestens gerecht werden. Wir sehen in diesen Anforderungen aber nicht nur Pflichten, sondern auch ein enormes Potential für innovative Geschäftsmodelle. Globale Herausforderungen, wie die Klimakrise, bergen die Chance für ungeahnte, wertebasierte Disruption für Mensch und Planet.

Wenn wir neugierig an unsere Umwelt herantreten und sie ernst nehmen, ist wertebasierte Disruption möglich und wünschenswert. Dann kann aus den heutigen Bedrohungen für unsere wirtschaftliche Zukunft ein Blumenstrauß an disruptiven Innovationen entstehen, die unsere bisherigen Konzepte durch nachhaltige Zukunftsmodelle ablöst. Das gibt der Design Thinking Säule “Realisierbarkeit” eine ganz neue Bedeutung.

Klimaneutral, fair und machbar

Disruption und Innovation, heißt in vielen Fällen etwas Altes durch etwas Neues zu ersetzen – natürlich nicht blind, sondern mit Sinn. Die technische Machbarkeit und Bereitstellung von Innovation sollte also nach einem System erfolgen, das besser als das alte ist. Vielleicht sogar so gut und nachhaltig, dass es auch in 10 Jahren noch funktionieren kann, ohne dass es negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt gibt? Das wäre geradezu revolutionär aus heutiger Sicht, im Design Thinking Prozess aber möglich! 

Deshalb sind wir überzeugt, dass Machbarkeit aus regulatorischer und technischer Sicht heute schon mindestens klimaneutral funktionieren kann und sollte, genauso wie sie schon heute nicht zu Lasten von Menschenrechten und -würde geschehen darf. Auf diesen Weg möchten wir uns gemeinsam mit unseren Kunden begeben.

Unsere Erweiterung: Planet-centered Design Thinking

Im Design Thinking gibt es den eingängigen Ausdruck: “Do the right things and do things right”. Damit sollte ursprünglich zum Ausdruck gebracht werden, dass man sich zuerst ausführlich und nutzerzentriert mit dem Problem auseinandersetzen muss, um das richtige Problem zu lösen. Albert Einstein soll hierzu gesagt haben: “Wenn man mir 60 Minuten für die Lösung eines Problems gibt, dann verwende ich die ersten 55 Minuten für das Problem und die letzten 5 Minuten für die Lösung.” 

Jedoch sind die allermeisten unserer heutigen Probleme die Lösungen von gestern, die sich nicht umfassend mit ihrem Kontext auseinandergesetzt haben. Darum setzen wir uns als Innovationsberater*innen und Coaches für sinnvolle Innovation ein und spüren eine erweiterte Aufgabe, wenn wir hören: “Doing the right things and doing things right.” Wir sehen es als unsere Verantwortung, den Blick unseres Design Thinking Verständnisses von Nutzerzentriert auf Planetenzentriert auszudehnen und ihn so neben den sozialen Werten und Arbeitsweisen auch auf die planetaren Auswirkungen zu lenken.

Wir sind davon überzeugt, dass es lohnt, sich die Zeit zu nehmen, wahre Empathie mit unseren Mitmenschen und unserem Planeten aufzubauen. So ist es möglich, im Kreativprozess Ideen zu generieren, die nachhaltig erfolgreich sind und dabei Mehrwert für Mensch und Planeten bieten. Überall dort, wo tatsächlich Probleme an ihrer Wurzel gepackt werden, entsteht wahre Disruption.

Wenn ihr auch Lust auf nachhaltige Innovation bekommen habt, meldet euch gerne bei Fabian Grauel, unserem Nachhaltigkeitsexperten bei launchlabs, unter fabian.grauel@launchlabs.de

Unser nächster Artikel zum Thema Design Thinking und Nachhaltigkeit zeigt auf, welche konkreten Leitfragen beim nachhaltigen Design Thinking helfen können. Stay tuned! 

 

veröffentlicht am 29.10.21

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